Geschichte

Westslawen, die sich auf dem Gebiet der heutigen Slowakei niederließen, sonderten sich sprachlich im 10. Jahrhundert vom Urslawischen ab, und ihre Sprache entwickelte sich weiter im Rahmen einzelner Dialektgruppen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die Verbindung des Fürstentums von Nitra mit dem Mährischen Fürstentum und die Gründung des Großmährischen Reiches im Jahre 833. Ein besonders bedeutendes Kapitel in der Entwicklung der slawischen Sprache der damaligen Zeit auf diesem Territorium steht in Verbindung mit der Mission der Glaubensapostel Kyrill (Konstantin) und Method aus Thessaloniki, die Kaiser Michael III. auf Gesuch des großmährischen Fürsten Rastislav im Jahre 863 nach Großmähren entsandte, um dort das Christentum zu verbreiten und Grundlagen einer Rechtsordnung in der slawischen Sprache zu legen. Konstantin schuf mit diesem Ziel auf der Grundlage der griechischen Minuskel ein besonderes Alphabet, die so genannte Glagoliza, und übersetzte mit dessen Hilfe das Evangelium und das byzantinische Gesetzbuch in das Altkirchenslawische. Von Papst Hadrian II. erhielten die Brüder Kyrill und Method die Erlaubnis, die neue Schrift für die liturgische Sprache zu verwenden („lingua quarta“).

Nach der Eingliederung des Gebietes der heutigen Slowakei in den frühfeudalen ungarischen Staat begannen sich auf diesem Territorium vom 10. bis 14. Jahrhundert slowakische Dialekte sowie auch Grundlagen der slowakischen Nationalität zu bilden. Als Verwaltungssprache wurde vor allem Latein verwendet, das auch als liturgische Sprache in der westlichen Kirche genutzt wurde, wobei es als Sprache der Staatsverwaltung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts überdauerte. Lediglich bei Predigten und anderen pastoralen Handlungen wurden von Anfang an auch einheimische Sprachformen genutzt. Im 15. Jahrhundert begann sich durch Hussitenfeldzüge und durch die Wirkung der Brüderbewegungen und Studenten der tschechischen Universitäten das Tschechische in der Slowakei durchzusetzen, in dem Slowakismen auftauchten. Der erste Beleg dieser sprachlichen Situation und dieser Prozesse ist das so genannte Buch von Žilina (1473) mit dem Text des Magdeburger Rechts, das im slowakisierten Tschechisch verfasst wurde. Ab dem 15. Jahrhundert übernahm auf dem Gebiet der heutigen Slowakei neben Latein das Tschechische die Rolle der übermundartlichen schriftsprachlichen Sprache, das im 16. und 17. Jahrhundert auch zur liturgischen Sprache slowakischer Protestanten wurde und im protestantischen Schrifttum bis zum 19. Jahrhundert, in gewisser Form sogar bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, eine wichtige Rolle spielte. Slowaken nutzten das Tschechische jedoch von Anfang an eher nur in schriftlicher Form und nahmen es nie als ihre eigene Sprache wahr. Ende des 18. Jahrhunderts entstanden allmählich in den Städten der westlichen und später auch der mittleren Slowakei einheimische übermundartliche Formen, die vom Bürgertum sowie der Intelligenz gesprochen wurden. Das kulturelle Westslowakisch und das kulturelle Mittelslowakisch wurden zur Basis für die Kodifizierung von Anton Bernolák Ende des 18. Jahrhunderts und von Ľudovít Štúr in den 40-er Jahren des 19. Jahrhunderts. Auf der Grundlage der städtischen Sprache einiger mittelslowakischer Städte gab Ľudovít Štúr im Jahre 1846 die normative Grammatik Nauka reči Slovenskej [Die Lehre der slowakischen Sprache] heraus, die die slowakische Schriftsprache festlegte. Diese Normierung ist nach gewissen Bearbeitungen im Wesentlichen bis heute gültig.

Nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik durch Friedensverträge und durch die Verfassung aus dem Jahr 1920 wurde eine gemeinsame „tschechoslowakische Nation“ und die „tschechoslowakische Sprache“ mit zwei Fassungen (tschechisch und slowakisch) festgelegt, die auch die Regeln der slowakischen Rechtschreibung aus dem Jahre 1931 bestätigten. Im Unterschied dazu versuchte der slowakische Kulturverein Matica slovenská den so genannten „Matica-Usus“ mit puristischen Tendenzen durchzusetzen, die besonders in der ab 1932 erscheinenden Zeitschrift Slovenská reč [Slowakische Sprache] propagiert wurden. Im Slowakischen zeigte sich der Purismus im Vergleich zu den umliegenden Ländern mit einer gewissen Verspätung – besonders in der Zeit zwischen zwei Weltkriegen. Slowakisch blieb jedoch auch weiterhin eine so genannte offene Sprache, die sich außer aus einheimischen Quellen auch aus anderen Sprachen anreicherte. Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich die slowakische Sprache in eine Form, die sie befähigte, alle Funktionen und Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. In dieser Zeit erfuhr sie eine stürmische Entwicklung und wurde allmählich in allen Ebenen beschrieben und kodifiziert.

Für die Situation im Rahmen der Tschechoslowakei (Česko-Slovensko) waren Zweisprachigkeit und die so genannte Semikommunikation charakteristisch. Tschechen und Slowaken nutzten in der gegenseitigen Kommunikation jeweils ihre eigene Sprache, wobei sie sich relativ gut verstanden und sich auch gegenwärtig unter den Bedingungen zweier selbstständiger Staaten gut verstehen. Die gegenseitige Verständigung verläuft ohne größere Probleme auch in der Gegenwart, obwohl jüngere Generationen, die sich sprachlich erst nach der Trennung der ehemaligen Tschechoslowakei (Česko-Slovenska) sozialisierten, bei der Kommunikation gewisse Schwierigkeiten haben könnten. Ein hohes Niveau des gegenseitigen sprachlichen Verständnisses wird auch dank dem Fernsehen gewährleistet. Diese Feststellung gilt jedoch vor allem für die slowakische Seite. Slowaken verstehen nämlich die tschechische Sprache besser als Tschechen die slowakische Sprache.

Einen neuen Meilenstein in der Entwicklung der slowakischen Sprache stellt das Jahr 1989 dar. Archaismen sowie viele mit sozialistischer Wirtschaft und der gesellschaftlichen Ordnung eng verbundene Wörter verschwanden und im Gegenzug drangen viele Anglizismen und Internationalismen in die gegenwärtige Sprache. Dieser Umstand bedeutete für das Slowakische jedoch keine Bedrohung. Die Slowakische Sprache bewahrte sich ihre Immunität auch dadurch, dass sie in ihrer Geschichte immer offen war. Sie nahm lexikalische Elemente aus anderen Sprachen auf, mit denen sie in Kontakt kam. Es waren vor allem Latinismen aus der lateinischen Sprache (und über Latein auch Griechismen), Bohemismen aus dem Tschechischen, Germanismen aus dem Deutschen, Gallizismen aus dem Französischen, Italismen aus dem Italienischen, weniger Hungarismen aus dem Ungarischen. In letzter Zeit übernimmt die slowakische Sprache vor allem Anglizismen und Amerikanismen aus dem Englischen und seiner amerikanischen Variante.

Die slowakische Sprache wurde am 1. Mai 2004 eine der offiziellen Sprachen der Europäischen Union.